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letzte änderung am 13. november 2003
... beim Hund
Neosporose - eine neue Erkrankung?
1984 wurde erstmals in Norwegen
eine neurologische Erkrankung bei Hunden beschrieben, deren Erreger den Toxoplasmen ähnelte, jedoch nicht klassifiziert werden konnte. 1988 wurde in den USA ein ähnlicher Erreger bei Hunden gefunden und Neospora
caninum benannt. Später stellte sich heraus, dass die beiden Erreger identisch waren. In der nachfolgenden Dekade konnten zwei Stadien des Erregers beschrieben werden, die Tachyzoiten und die Bradyzoiten. Dabei
finden sich Tachyzoiten intrazellulär in vielen verschiedenen Zellen, die Bradyzoiten liegen in Zysten und kommen nur in neuronalem Gewebe vor. Der Entwicklungszyklus konnte erst 1998 geklärt werden. Danach ist
zumindest der Hund ein Endwirt von Neospora caninum und kann Oozysten ausscheiden. Trotzdem ist als natürlicher Infektionsweg bislang nur die transplazentare Infektion bekannt. Die Neosporose ist jedoch keine neue
Erkrankung. Retrospektive Untersuchungen haben gezeigt, dass die Neosporose bereits 1957 bei Hunden in den USA auftrat, vor 1988 jedoch id der Regel fälschlich als Toxoplasmose diagnostiziert wurde. Auch in
Deutschland konnte durch eine retrospektive Untersuchung gezeigt werden, dass bereits 1980 die Neosporose bei Hunden aufgetreten war. Weitere klinische Fallstudien wurden in den letzten Jahren bekannt.
Verbreitung der Neosporose und Klinik
Die
Neosporose ist bereits in vielen Ländern nachgewiesen worden, es muss von einer weltweiten Verbreitung ausgegangen werden. Natürliche Infektionen wurden bei Hunden, Rindern, Pferden, Schafen, Ziegen und Rotwild
festgestellt. Zahlreiche weitere Tiere können experimentell infiziert werden u. a. Katzen. Klinisch sind Hunde und Rinder besonders schwer betroffen. Bei letzteren bestimmen Aborte in jedem Trächtigkeitsstadium das
Bild. Bei Hunden stehen neurologische Symptome im Vordergrund: häufig liegen aufsteigende Paralysen der Hinterhand mit Hyperextension vor, es können alle Gliedmaßen betroffen sein (Tetraplegie). Weitere mögliche
Befunde sind Schluckbeschwerden, Paralyse des Kiefers, Kopfschiefhaltung, Muskelschwäche, Herzinsuffizienz und Pneumonie. Junge, kongenital infizierte Hunde, zeigen eine schwerere Symptomatik. Plötzliche Todesfälle
kommen vor. Ältere Hunde zeigen öfter Zeichen einer generalisierten Infektion mit ZNS-Beteiligung, Polyradikulitis, Polymyositis und multipler Organbeteiligung. Bei ca. der Hälfte der betroffenen Tiere treten
Paraparesen auf. Bei älteren Hunden mit neurologischen Erscheinungen sollte man daher immer eine Neosporose in die Differentialdiagnose mit einbeziehen. Auch bei Fällen von ulzerierender, nekrotisierender Dermatitis
wurde Neospora caninum als Ursache nachgewiesen.
Diagnosestellung
Zur Diagnose der Neosporose gibt die klinische Symptomatik einen Hinweis. Es sind jedoch Verwechslungen u. a. mit der Toxoplasmose möglich. Hilfsmittel
zur ersten Unterscheidung sind:
1. eine neuromuskuläre Paralyse kommt bei der Toxoplasmose in der Regel nicht vor
2. die Toxoplasmose ist meistens mit weiteren Erkrankungen verknüpft (z.B. Staupe),
Neospora caninum wird dagegen als primär pathogen angesehen.
Zur Erhärtung des Verdachts gilt der serologische Antikörpernachweis als das beste diagnostische Instrument. Der indirekte
Fluoreszenzantikörpertest (IFAT) gilt als sehr gut etablierte Methode zur Feststellung von Antikörpern gegen Neospora caninum beim Hund. Dabei gelten Titer von 1:50 als positiv. Kreuzreaktionen mit Toxoplasma gondii
kommen in dieser Verdünnungsstufe nicht mehr vor. Ein Antikörpertiter allein ist jedoch nicht beweisend für eine Neosporose, da auch latente Infektionen ohne klinische Erscheinungen Antikörpertiter hervorrufen.
Diese Titer können über einen längeren Zeitraum persistieren.
Hämatologische oder klinisch-chemische Untersuchungen sind ohne diagnostische Aussagekraft. Eine Erhöhung der Creatinkinase (CK) im Blut kann
bedingt durch die Polymyositis auftreten. Die Leberwerte können erhöht sein. Eine zytologische Untersuchung des Liquor cerebrospinalis kann eine nicht eitrige Meningoenzephalitis aufzeigen, evtl. finden sich
dort Parasitenstadien (Tachyzoiten). Der Antikörpertiter kann auch aus dem Liquor bestimmt werden; im Liquor ist jeder Titer beweisend für eine Infektion. Häufig wird die endgültige Diagnose erst während der Sektion
gestellt. Da es aber durchaus Tiere gibt, welche die Neosporose überleben, sollten auch Therapieversuche durchgeführt werden. Für praktische Zwecke kann die Diagnose aus den zur Erkrankung passenden klinischen
Erscheinungen, dem positiven Titer und einem möglichen Therapieerfolg gestellt werden.
Eigene Untersuchungen
200 Hunde mit klinischem Verdacht auf Vorliegen einer Neosporose, wurden auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen Neospora
caninum untersucht. Von diesen Tieren reagierten 13% seropositiv mit Titern zwischen 1:50 und 1:400. Der serologische Nachweis von Infektionen mit Neospora caninum bei Hunden ist somit möglich. Von den Tieren wurden
87 auch auf Antikörper gegen Toxoplasma gondii untersucht. Bei 29% lag ein Toxoplasma-Titer vor, nur ein Tier hatte dabei Antikörper gegen beide Erreger.
Von 50 Hunden, deren Serum auf Grund anderer
Erkrankungen an unser Labor gesandt wurde, hatten 4% Antikörper gegen Neospora caninum im Serum. Es liegt also in Deutschland - wie auch in anderen Ländern - eine subklinische Durchseuchung der Hunde vor.
Aus den vorliegenden Ergebnissen wird deutlich, dass es sinnvoll ist, bei klinischen Erscheinungen mit Verdacht auf Neosporose gleichzeitig eine Antikörperbestimmung gegen Neospora caninum und Toxoplasma gondii
durchzuführen, da klinisch eine Differenzierung zwischen beiden Erkrankungen nur selten möglich ist.
Prophylaxe
Hinweise zur Prophylaxe für das Einzeltier können zur Zeit noch nicht gegeben werden, da der Hund zwar als ein möglicher
Endwirt von Neospora caninum identifiziert wurde, der Ansteckungsweg bei erwachsenen Tieren jedoch weiterhin unklar ist. Der einzige bekannte natürliche Infektionsmodus ist die transplazentare Infektion. Es
existieren lediglich epidemiologische Hinweise aus anderen Ländern, dass auch postnatale Infektionen stattfinden müssen. Hündinnen, die selbst nur latente Träger der Infektion sind, können die Parasiten trotzdem an
ihre Welpen weitergeben, auch bei wiederholten Würfen. Besonders in sehr engen Zuchten kann es dadurch zu einem starken Anstieg der Neospora-Infektionen kommen. Dabei können bei den Welpen - neben den typischen
neurologischen Erscheinungen - auch einfach häufige Totgeburten oder Frühsterblichkeit auftreten. In Zuchten mit klinischen Verdachtsmomenten auf Neosporose, sollten daher die Hündinnen serologisch untersucht
werden. Hündinnen mit höheren Titern produzieren häufiger infizierte Welpen, als solche mit niedrigeren Titern. Man sollte daher erwägen, solche Hündinnen von der Zucht auszuschließen. Es gilt jedoch auch hier:
nicht jeder infizierte Welpe muß auch zwangsläufig erkranken.
Therapie und Prognose
Die Prognose einer Neosporose mit ausgeprägten neurologischen Erscheinungen ist vorsichtig bis ungünstig. Oft kommt es bei den fast völlig gelähmten
Tieren zu Komplikationen, z.B. zu einer Pneumonie. Die Erkrankung muß aber nicht zwingend tödlich verlaufen. Es gibt immer wieder Berichte über erfolgreiche Heilungen. Dabei können kleinere Probleme zurückbleiben
wie z.B. Haltungs- oder Gangartfehler. Die Chance auf einen Therapieerfolg ist umso größer, je früher mit der Behandlung begonnen wird und je geringer die Ausprägung der klinischen Erscheinungen ist. Man sollte
daher mit der Therapie starten, bevor das serologische Ergebnis vorliegt. Die Kontraktur der Quadricepsmuskulatur ist das Symptom, welches die wenigsten Chancen auf vollständige Heilung hat.
Die Therapie
beruht bislang auf Erfahrungen mit der Behandlung der Toxoplasmose, sowie einigen Ergebnissen chemotherapeutischer Studien.
Der Heilungserfolg kann zusätzlich zur Verbesserung der Klinik über den
Titerverlauf kontrolliert werden. Titerabfälle in einem Zeitraum von Wochen bis Monaten, sind in der Literatur beschrieben und kamen auch bei Fällen aus unseren eigenen Untersuchungen vor.
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