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letzte änderung am 28. februar 2003
Ganz wichtig ist es, immer zu fragen: Warum tut der Hund das was er tut?!? Dazu muss man die verschiedenen Formen der Aggression kennen.
Schmerzassoziierte Aggression Vor allem, wenn Aggressionen plötzlich und unerwartet beobachtet werden, oder in
bestimmten Intervallen auftreten, sollte man daran denken, dass eine Erkrankung dahinter steckt. Eine generell erhöhte Aggression nur am Anfang der Woche lässt z. b. vermuten, dass
der Hund am Wochenende vielleicht überanstrengt worden ist – z. b. kann ein Rücken- oder Hüftleiden durch vermehrten Sport am Samstag oder durch extrem lange Wanderungen am Sonntag dem Hund Schmerzen bereiten.
Hunde mit Rückenproblemen sollten generell nicht am Halsband, sondern an einem Geschirr geführt werden, da jeder Ruck am Hals – egal ob unabsichtlich oder gewollt die
Rückenschmerzen verschlimmert, was dann natürlich nicht besonders zur Friedfertigkeit beiträgt. Ein nicht unbedeutender Teil von Hunden mit nachgewiesenen Rückenproblemen
hat in seiner Erziehung/Ausbildung den Leinenruck kennen gelernt. Leider muss man auch feststellen, dass ein Halti für solche Hunde nicht besonders gut geeignet ist, da
auch hier zu sehr am Kopf/Hals manipuliert wird.
Verschiedene andere Erkrankungen, wie z. B. Tumore, Veränderungen des Stoffwechsels
können auch dazu führen, dass ein Hund aggressiv reagiert. (Einseitige) Taubheit oder Blindheit können z. B. bei plötzlichen Berührungen Angst auslösen usw.
Man sollte immer zuerst vom Tierarzt abklären lassen, ob eine Erkrankung vorliegt, die die Ursache aggressiven Verhaltens ist, erst dann sollte man an andere Gründe denken.
Sozial motivierte Aggression Nähe zum Menschen, Eifersucht
Territoriale Aggression Garten, das Grundstück, die Wohnung, aber auch der eigene Liegeplatz wird verteidigt.
Ein schönes Beispiel ist der Briefträger, der angebellt wird. Er betritt einfach das fremde Territorium. Hinzu kommt, dass er - in den Augen des Hundes - durch Bellen vertrieben wird.
Nahrungsaggression Erklärt sich eigentlich von selber: Nahrungsressourcen werden verteidigt.
S. (6) aus G. verteidigt Futter, das über ihm auf der Anrichte steht. Dass es weder sein Futter noch sein eigenes Territorium ist, stört ihn dabei wenig ... ;)))
Angst- oder stressbedingte Aggression Auf keinen Fall darf man angstbedingtes aggressives Verhalten bestrafen.
Angstaggression kann durchalles mögliche ausgelöst werden. Manchmal ist der Anlass - für uns Menschen - so klein, dass wir ihn gar nicht mitbekommen. Für den Hund, der oft
auch noch an der Leine hängt und dem angstauslösenden Ereignis nicht entkommen kann, sieht es ganz anders aus.
Symptome von Stress:
Muskelkontraktionen – Humpeln, steifer staksiger Gang speicheln, sabbern Augenfarbe wechselt
Äderchen im Auge platzen Schweißpfoten Nackenhaare stellen sich, Rute geht hoch
hecheln Schuppenbildung dauerndes Pinkeln, Koten, Durchfall
andauerndes Bellen, Winseln allgemeine Unruhe Schreckhaftigkeit, Geräusch- und Berührungsempfindlichkeit
Ängstlichkeit Aggressivität keine Kommunikationsfähigkeit mehr (Schockzustand) – sehr ernst
sich aufbeissen, -lecken Allergien – schon vorhandene Allergien werden oft auch noch mit Cortison
(künstliches Cortisol = Langzeitstresshormon) behandelt. Es tritt keine
Besserung ein, im Gegenteil vorhandene Allergien verschlimmern sich noch. Haarausfall
schlechte Träume, unruhiger Schlaf vermehrter Durst / Hunger
Futter-, Wasserverweigerung, kein Leckerchen mehr annehmen Gehorsam / Arbeit völlig verweigern
stereotypes Verhalten wie Lichtpunkte, Schatten, Schwanz jagen – sehr ernst Löcher buddeln
Rennen Dinge zerstören (z.B. beim Alleinbleiben) Überreaktionen
Penis ausfahren beim Rüden Aufreiten
Dominanzaggression Dazu braucht der Hund natürlich irgendwas/irgendwen, das/den er dominieren kann. Da
sag ich nix zu, da ich mittlerweile die “Dominanz” in dem Sinn, wie sie gerne verwendet wird, hinterfrage.
Konditionierte Aggression (erlernte Aggression)
... kann durch alles mögliche hervorgerufen werden (Beispiel Briefträger --> Briefträger kommt, Hund bellt, Briefträger geht - er wurde vertrieben). Durch andauerndes Strafen (Leinenruck, Alphawurf, Schnauzengriff, schimpfen oder gar
schlagen) wird solch erlerntes aggressives Verhalten oft noch verschlimmert, weil der Hund die ihm vom Halter zugefügten Schmerzen mit bestimmten Situationen – z. B. anderen Hunden verknüpfen. Beispiel:
Hund sieht anderen Hund, Halter ruckt an der Leine, schimpft/straft – Hund wird jedes Mal beim Anblick eines anderen Hundes mehr bellen und aggressiver reagieren - es
entsteht ein Teufelskreis aus Verhalten und Strafe, der erst einmal durchbrochen werden muss.
Frustaggression Wird durch Unterforderung und (ständige) Langeweile ausgelöst
Maternale (mütterliche) Aggression Erklärt sich von selbst. Ein weibliches Tier, das seine Jungen verteidigt, kann sehr
gefährlich werden.
Aggressives Verhalten von Hunden läuft meistens in Form einer
“Treppe” ab. Der Hund beginnt ganz unten und arbeitet sich langsam Stufe für Stufe nach oben, bis - in
seinen Augen - die Gefahr vorüber ist. Viele Hunde haben jedoch durch Fehlverhalten des Menschen oder anderer Hunde gelernt, dass sie mit dieser Strategie keinen Erfolg haben.
Diese Hunde überspringen schließlich mehrere Stufen um schneller das gewünschte Resultat, nämlich das Ende der Bedrohung, zu erreichen.
“Treppe der Eskalation”
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Achtung: Es ist eher kontraproduktiv, einem Hund z. B. das Knurren zu verbieten, da er womöglich
dieses Verhalten dann einfach aus seinem Repertoire streicht und diese Stufe der “Treppe” auslässt, d. h. er wird schneller die Zähne zeigen, drohen oder eventuell sogar
ohne Vorwarnung zubeissen. Ist es ihm dagegen erlaubt zu knurren, können wir daran sehen, dass er überfordert ist und wir können ihn vielleicht noch aus der Situation herausbringen.
Alternative Verhaltensweisen des Menschen: Den Hund beobachten;
Beschwichtigungssignale beachten; Abstand schaffen - evtl. Barrieren zwischen den Hund und der bedrohlichen Situation aufbauen, sich dazwischen stellen, sich abwenden und dem Hund damit Gelegenheit
geben “zu entkommen”; den Hund ablenken, dadurch wird vermieden, dass er sich zu sehr fixiert;
Ganz wichtig: auf jeden Fall vermeiden, dass eine Situation eskaliert; den Hund aus der Situation herausnehmen - je öfter er unerwünschtes, aggressives
Verhalten zeigen kann, desto mehr wird er es perfektionieren (konditionierte Aggression!), alternatives Verhalten einüben
Was man auf jeden Fall beachten muss, ist die
Individualdistanz - der Magische Kreis
Die Individualdistanz (Id) ist die Entfernung, in der der Hund niemanden duldet. Eigentlich
, sind es zwei Distanzen, eine ab der der Hund droht und eine weitere ab der der Hund aktiv wird und den Störenfried vertreibt.
Die Id ist keine feste Entfernung, sie ist abhängig von der Reizlage (Laune und
Sozialisierung) des Hundes, von vorhandenen begehrlichen Objekten (Spielzeug, Knochen), Territorium, der Rangordnung des Störers und ob er überhaupt zur sozialen
Gruppe gehört. Des weiteren zieht der Hund aus gemachten positiven und negativen Erfahrungen Rückschlüsse.
Gegen ein ranghöheres Gruppenmitglied wird es nur eine Drohgrenze geben, angegriffen
wird in der Regel nicht. Wenn doch, wird der Bezug zum Objekt benutzt um einen Rangordnungskampf vom Zaun zu brechen.
Rangniedere Gruppenmitglieder und Störenfriede werden angedroht und bei Uneinsichtigkeit wenig später angegriffen und vertrieben.
Auch die genetische Präposition spielt hierbei eine Rolle. Wachhunde zum Beispiel
zeichnen sich durch eine hohe Drohdistanz und eine kurze Angriffsdistanz aus. Es ist erwünscht, das sie früh melden aber nicht selbst angreifen. Ein im Bau arbeitender Terrier
wiederum soll nicht drohen sondern sofort und unmittelbar angreifen. Die Arbeit im Fuchsbau gehört nicht zum Funktionskreis Jagd/Ernährung sondern zur Selbsterhaltung/Verteidigung
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