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letzte änderung am 13. dezember 2003
Funktion der Schilddrüse
Die Schilddrüse gehört zu den endokrinen Drüsen. Sie besteht aus zwei Organen, die links und rechts neben der Luftröhre unterhalb des Kehlkopfes
liegen und nicht tastbar sind. Beim Hund ist als Besonderheit zusätzliches Schilddrüsengewebe - vor allem entlang der Luftröhre und im Gebiet der Herzbasis - zu finden. Anders als beim Menschen sind die beiden
Schilddrüsenorgane beim Hund nicht durch einen Steg verbunden.
Die Schilddrüse bildet die beiden Hormone Trijodthyronin (T3) und Tetrajodthyronin (T4). Diese Hormone regeln den Stoffwechsel aller
Körperzellen.T4 (wird auch als Thyroxin bezeichnet) und T3 haben somit einen umfassenden Einfluss auf den Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel, sowie den Grundumsatz, die Wärmeproduktion und die Aktivitäten
des vegetativen Nervensystems. Darüber hinaus werden die Schilddrüsenhormone für die körperliche Entwicklung und das psychische Wohlbefinden gebraucht. Bei Jodmangel, aber auch bei Jodüberschuss kann es zu einer
Vergrößerung der Schilddrüse kommen. Diese kann sowohl ein- oder beidseitig sein und ist leicht sicht- und tastbar. Sie kann gut oder bösartig sein oder aus Zysten bestehen. Die vergrößerte Schilddrüse wird als
Struma bezeichnet, ist beim Hund aber selten.
Wir können den Stoffwechsel mit einem brennenden Ofen vergleichen. Wird zu viel Schilddrüsenhormon produziert, brennt der Ofen zu stark. Wenn es zu wenig von
diesem Hormon gibt, brennt er auf Sparflamme. Bei einer Schilddrüse, die nicht mehr arbeitet, befindet sich ein Mangel der Schilddrüsenhormone im Blut. Die Folge hiervon ist ein langsam verlaufender Stoffwechsel mit
einer großen Anzahl an Krankheiten. Das Krankheitsbild selbst wird Hypothyreose genannt.
Die Regulation der Schilddrüsenhormone erfolgt über die Achse: Hypothalamus - Hypophyse - Schilddrüse. Diese Regulation
wird durch Wechselwirkung mit der Umwelt (z.B. Wohnort, Klima, Jahreszeiten), individuellen Vorraussetzungen (z.B. Geschlecht, Alter) und verschiedenen biologischen Faktoren (z.B. Ernährungs- und Gesundheitszustand,
Medikamente) bewirkt, wobei alle Komponenten zusammen einen Regelkreis bilden.
Die übergeordnete "Zentrale" der Schilddrüse liegt im Hypothalamus, einem Teil des Zwischenhirns, der für die Produktion des
TRH (Thyreotropin Releasing Hormon) verantwortlich ist. Dem Hypothalamus "untergeordnet" ist die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse), die sich im Hinterkopf befindet. Sie produziert das Hormon TSH (Thyroidea
Stimmulierendes Hormon). Die wichtigste Aufgabe des TSH ist die Regulation von Produktion und Ausschüttung von T4 und T3 das folgendermaßen funktioniert:
Bei einem Mangel an Schilddrüsenhormonen sinkt der
Spiegel von T4 und T3 im Blut unter den Normwert. Dies wird vom Hypothalamus registriert der daraufhin TRH freigesetzt, welches wiederum die Hypophyse stimuliert TSH in das Blut abzugeben. Das TSH erreicht über den
Blutweg die Schilddrüsen und stimuliert, wie sein Name bereits sagt, die Produktion von T4 und T3, welche an das Blut abgegeben werden und der Hormonspiegel im Blut normalisiert sich wieder.
Bei einem
Überschuss an T4 und T3 läuft der Prozess gegensätzlich ab. Daraus folgt: Ein hoher T4- und T3 Spiegel im Blut bewirken eine geringere TRH Ausschüttung im Hypothalamus, die wiederum eine geringere TSH Ausschüttung
in der Hypophyse zur Folge hat. Weniger TSH im Blut führt dazu, dass die Schilddrüse weniger stimuliert wird, infolgedessen weniger Schilddrüsenhormone produziert und die T4- und T3 Spiegel im Blut sinken.
Solange die Werte von T4 und T3 im Normbereich liegen spricht man von einer Euthyreose oder normalen, gesunden Schilddrüsenfunktion. Werden jedoch durch pathologische Zustände entweder zu viel oder zu wenig
Schilddrüsenhormone produziert, so spricht man einerseits von einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) oder Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose).
Die Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) ist eine generalisierte Steigerung des Stoffwechsels, welche durch eine Überproduktion von
Schilddrüsenhormonen zustande kommt. Die Hyperthyreose ist beim Hund im Gegensatz zur Katze selten. Sie tritt meist im Zusammenhang mit einem Schilddrüsenkarzinom auf.
Sie kann aber ebenso als ein Durchgangsstadium einer beginnenden Unterfunktion beobachtet werden; allerdings handelt es sich dann mit größter Wahrscheinlichkeit um
eine Autoimmunerkrankung, bei der das eigene Immunsystem zerstörerisch gegen das körpereigene Schilddrüsengewebe vorgeht.
Für eine Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) können unterschiedliche Organerkrankungen verantwortlich sein. Man unterscheidet zwischen
erworbener, kongenitaler, primärer, sekundärer und tertiärer Hypothyreose.
- Erworbene Hypothyreose kann durch Jodmangel in der Nahrung oder durch Viruserkrankungen entstehen.
- Kongenitale (angeborene) Hypothyreose wird z. B. durch Jodmangel oder Enzymdefekte hervorgerufen. Bei schweren Hypothyreosen werden die Welpen tot
oder lebensschwach geboren. Sie weisen Kröpfe und aufgeschwemmte, ödematöse Haut auf. Die lebensfähigeren Welpen können massive Wachstumsstörungen
aufweisen. Besteht die Hypothyreose schon während der embryonalen Entwicklung (hypothyreote Mutter) führt dies zur Schädigung des Fötus und somit zum
Kretinismus, einer schweren Entwicklungsstörung des Nervensystems und zu einer "geistigen" Retadierung. Ebenso ist das Skelettsystem betroffen - z.B. kurzer,
kyphotischer (nach innen gekrümmter) Rücken, gedrungener Hals, dicke, zu kurze Vorderpfoten, schmächtige Hinterhand. Als weitere Ursachen werden auch
Fehlbildungen in Hypophyse oder Hypothalamus angenommen, die jedoch beim Hund selten vorkommen. Bei der kongenitalen Hypothyreose ist eine genetische Disposition sehr wahrscheinlich.
- Primäre Hypothyreose. Bei etwa 90 % aller Hypothyreosen ist die Schilddrüse selbst das erkrankte Organ, das durch angeborene und/oder ererbte
Abnormalitäten wie z. B. Autoimmunerkrankung, idiopathische Atrophie (das Gewebe schrumpft, ohne dass man die Gründe kennt), Entzündungen, Traumata
oder degenerative bzw. krebsartige Veränderungen nicht genügend Hormone bilden kann. Man bezeichnet sie daher als primäre Hyperthyreose. Die hormonelle
Fehlfunktion wirkt sich sowohl auf das Verhalten wie auf das Äußere des Hundes aus. Das Krankheitsbild entwickelt sich in den meisten Fällen sehr langsam, aber
stetig progressiv weiter. Da die Schilddrüsen über hohe Reservekapazitäten verfügen, werden die Symptome einer Unterfunktion erst bemerkt, wenn bereits
etwa zwei Drittelder Schilddrüsenfunktion ausgefallen ist. Der Degenerationsprozess kann Monate bis Jahre dauern. Meist sind Tiere zwischen dem dritten und achten Lebensjahr betroffen, selten schon früher. Durch
züchterische Einflüsse erkranken aber zunehmend auch jüngere Hunde. Insgesamt sind mehr Hunde mittelgroßer bis große Rassen. Einen Unterschied zwischen Rüden
und Hündinnen beobachtet man eher nicht, es scheint aber einen leichten Anstieg bei kastrierten Hündinnen zu geben.
- Autoimmunerkrankung oder Autoimmun-Thyreoditis bedeutet, dass das körpereigene Abwehrsystem das eigene Schilddrüsengewebe angreift. Im Blut
werden Antikörper gegen Schilddrüsengewebe gefunden, die für eine Schrumpfung oder aber auch Vergrößerung des Gewebes sorgen. Infolge dessen kommt es zu
einer chronischen Entzündung - es werden immer mehr Zellen zerstört, wodurch immer weniger Schilddrüsenhormone produziert werden können. Am Ende
atrophiert das Schilddrüsengewebe. Im Gegensatz zum Menschen ist der Antikörper-Spiegel im Blut des Hundes nicht aussagekräftig, weshalb die Diagnose
auch schwerer zu stellen ist. Ebenso findet sich beim Hund kein Kropf. Man geht davon aus, dass genetische Dispositionen die Krankheit auslösen und sieht einen
Zusammenhang mit anderen Autoimmunkrankheiten wie z.B. Diabetes mellitus und chronisches Rheuma.
- Idiopatische Atrophie bedeutet einen nichtentzündlichen Prozess, der für den fortschreitenden Verlust des Schilddrüsengewebes verantwortlich ist, wodurch es
zu einer Schrumpfung der Schilddrüse kommt. Die Ursachen hierfür sind wahrscheinlich ebenfalls genetisch bedingt.
- Sekundäre Hypothyreose ist eine Erkrankung der Hypophyse. Durch eine z.B.
angeborene Fehlbildung der Hypophyse oder tumoröse Prozesse kommt es zu einem Ausfall der TSH Produktion wodurch wiederum zu wenig T4 gebildet werden
kann. Diese Art der Funktionsstörung kommt beim Hund aber nur selten vor.
Symptome der Hypothyreose
Wie bereits dargestellt, wirken die Schilddrüsenhormone im gesamten Stoffwechsel und
sind somit für den Organismus unverzichtbar. Aus diesem Grund können bei einer Hypothyreose viele Organe betroffen sein, so dass die klinischen Anzeichen sehr vielfältig
und unspezifisch sind. Das bedeutet, dass eine große Anzahl an Symptomen gleichzeitig auftreten können, wodurch das Krankheitsbild verschleiert sein kann.
Verhalten
- Apathie - Teilnahmslosigkeit mit "depressivem" Gesichts- und Augenausdruck - man hat das Gefühl, dass der Hund vorzeitig altert
- Lethargie (Antriebsschwäche), Trägheit
- verminderte Ausdauer - allgemein schlechte Kondition
- der Hund schläft viel.
- Reizbarkeit, Aggression - "Dr. Jeckyll - Mr. Hyde - Syndrom"
Fell und Haut
- struppiges, glanzloses und schütternes Haarkleid frühzeitiges Ergrauen mit
brüchigem Oberhaar, besonders an Brust, Oberkörper und Flanken
- Alopezie - vermehrter, "mottenfraßähnlicher" Haarausfall. Das Fell wird durch den Verlust von Unterwolle dünn.
- Komedonenbildung (Schuppung und Verstopfung der Talgdrüsen)
- Atrophie (Gewebeschwund) der Epidermis (Oberhaut) und Verdickung der Dermis (Lederhaut)
- Hyperkeratose (übermäßige Verdickung der Hornhaut)
- Seborrhoe (Fett- und Schuppenbildung der Haut)
- Hyperpigmentierung (Schwarzhaut) besonders am Nasenrücken, Rutenansatz, Brust, Flanken und an den Schenkelinnenfläche
- sekundäre Pyodermie (eitrige Pustelbildung)
- Myxödem (trockene, raue, wachsartige, blass-fahle, leicht eindrückbare Haut im
Gesicht und an den Gliedmaßen - meist kombiniert mit trockenen, brüchigen Nägeln)
Immunsystem
- Chronische Immunschwäche (immer wiederkehrende Infektionen, Demodikose)
Herz- Kreislaufsystem
- Bradykardie (verlangsamte Herzschlagfolge)
- EKG-Veränderungen
- langsamer Puls
- Herzinsuffizienz (Unvermögen des Herzens bei Belastung oder Ruhe effizient zu arbeiten)
Augen
- kristalline Hornhautablagerungen in der Regel mit dem bloßen Auge sichtbar
Nervensystem
- Muskelschwäche
- Bewegungsunsicherheit
- Schluckbeschwerden und/oder Kehlkopflähmung
- Störung der Hirnfunktionen
- epileptische Anfälle
- Fruchtbarkeit
- Libidoverlust
- mangelnde Potenz
- schlechte Samenqualität
- Sterilität
- Zyklusstörungen und Zyklen ohne stattfindenden Eisprung
- Scheinträchtigkeit
- Wehenschwäche
- Fehlgeburten
- verringerte oder aufgehobene Fruchtbarkeit (keine oder kleine Würfe < 4 Welpen)
- Totgeburten
- angeborener oder erworbener Kretinismus (im Mutterleib erworbener
Schilddrüsenhormonmangel des Fötus durch Schilddrüsenmangel der Mutter hat Entwicklungsstörungen am Skelett- und Nervensystem des Neugeborenen zur Folge)
Stoffwechsel
- Hypothermie (Untertemperatur)
- Kälteempfindlichkeit und vermehrtes Wärmebedürfnis
- Die Hunde nehmen oft stark an Gewicht zu, oft trotz allen Bemühungen der Besitzer durch Diäten das Gewicht zu halten.
- Wassereinlagerungen
- erhöhte Cholesterinwerte (Blutfettwerte)
- Anämie (Blutarmut)
Weitere Symptome
- "Verwesungsgeruch" - der Hund "müffelt , er sondert einen faulen Geruch über Körper und Mund aus
- Verstopfung
- steifer Gang
- Zehenschleifen
- Gelenkschmerzen (Wassereinlagerungen) mit Schonung (aktiv und passiv)
- Heiserkeit, krächzendes Bellen
Diagnosestellung
Da eine lebenslange Behandlung notwendig ist, ist darum von großer Wichtigkeit, die
Diagnose exakt zu stellen. Das geschieht durch eine Schilddrüsenhormon-Bestimmung (T4) im Blut. Bei der Schilddrüsen Unterfunktion sind die gemessenen Werte sehr tief.
Niedrige Werte können jedoch auch bei anderen Erkrankungen wie zum Beispiel Cushing-Syndrom, dem Gebrauch von Cortison, Anti-Epileptika und Entzündungshemmern
festgestellt werden. Darum ist es auch empfehlenswert, nicht nur einfach Blut zu entnehmen, sondern einen so genannten TSH-Stimulationstest durchzuführen.
TSH ist ein Schilddrüsen-stimulierendes Hormon, das in der Hypophyse gebildet wird, eine Hormondrüse, die unter dem Gehirn liegt. Spritzt man TSH, dann wird der T4-Wert im Blut
ansteigen. Auch bei den Patienten, die aus den oben aufgeführten Gründen einen niedrigen T4-Wert aufweisen. Bei Hunden mit echter" Hypothyreose sieht man jedoch
keine Reaktion auf das TSH und der T4-Wert bleibt vor und nach der Injektion niedrig. Die Diagnose ist dann mit ziemlicher Sicherheit gestellt.
Behandlung
Die Behandlung eines Hundes ist eine so genannte Substitutions-Therapie: das fehlende
Schilddrüsenhormon muss in Form von L-Thyroxine-Tabletten taeglich verabreicht werden. Diese Behandlung muss lebenslang ohne Unterbrechung fortgesetzt werden.
Bereits in der ersten Woche, in der der Hund mit L-Thyroxine-Tabletten behandelt wird, nimmt die Aktivität stark zu.
Anders verläuft es mit den Hautproblemen. Diese Probleme zeigen nur langsam
Besserung und scheinen anfangs sogar noch schlimmer zu werden. Der Haarausfall nimmt zu und die Haut schuppt sich stark. Aber das ist ein gutes Zeichen. Die alten Hautzellen werden abgestoßen.
Etwa nach einem Monat beginnt das Fell, sich zu regenerieren. Bei einer Kontrolle, die etwa zwei Monate später ausgeführt wird, sieht der Hund schon wieder ganz ordentlich
aus. Die Genesung der Schwarzverfärbung dauert etwas länger. Nach zwei Monaten kann durch eine neuerliche Blutuntersuchung kontrolliert werden, ob das eingestellte Niveau
konstant geblieben ist. Das Übergewicht des Hundes wird durch die zugenommene Aktivität wie von selbst verschwinden.
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