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Zum Nachdenken

letzte änderung am 19. februar 2003


... aus der homepage von
Christine

Zum Nachdenken

Ein kleiner Junghund wird ausgesetzt in einem Karton neben der Mülltonne gefunden. Doch für ihn kommt die Rettung zu spät. Tage nach seinem Martyrium stirbt er trotz tierärztlichen Bemühens an Entkräftung.
Eine etwa zweijährige Hündin wird im Tierheim abgegeben, weil sie beißt.
Beide Geschichten sind keine Einzelfälle, aber jeder Hund, der im Tierheim abgegeben
oder verbotener Weise ausgesetzt wird, hat seine eigene Geschichte. Und die ist nicht immer die eines dramatisch geretteten Kettenhundes oder die eines aus fürchterlichen Zuständen befreiten Elends.


Viele Geschichten beginnen so: Es war einmal ein kleiner Welpe, der voller Freude von einer Familie gekauft wurde...
Und dann? Ja dann stellte man fest, daß der Welpe Arbeit macht, daß ein Hund nicht funktioniert, sondern lebt und daß der erwachsene Hund seine individuellen Eigenheiten hat. Man stellte fest, daß das mit dem Hund doch nicht so einfach ist und daß man Freundschaft nicht kaufen kann.
Vielleicht ging man noch in eine Hundeschule, um noch zu retten, was zu retten ist, aber im Grunde - der Hund war lästig, störend und viel zu sehr ein Lebewesen. Also schob man ihn ab.
Und da sitzen sie nun in den Zwingern der Tierheime, die einst geliebten Welpen, nun erwachsen und tw. aggressiv geworden, verstört und vermutlich mit meist nur einem Wunsch: Einen Menschen zu finden, der sie versteht.
Es gibt so viel Literatur über Hunde. Es gibt Hundezeitschriften. Es wird aufgeklärt, informiert etc. und doch wiederholt es sich ständig und immer wieder von neuem: Ein Welpe wird gedankenlos angeschafft. Und irgendwann genauso gedankenlos wieder hinausgeworfen.
Wie kann man diesen Menschen nahebringen, daß ein Hund ein Lebewesen ist, das keinen Knopf zum Abschalten hat, sondern Teil unseres Lebens sein will, verstanden sein will und hundegerecht behandelt?


Ich weiß es nicht.


Welpen

Viele Welpenkäufer möchten einem Problemhund aus dem Weg gehen und sie entscheiden sich bewußt für einen noch jungen Hund. Meist argumentieren so Hundeneulinge, die sich nicht vorstellen können, mit einem erwachsenen, bereits geprägten Hund "fertig zu werden." Doch bereits dieser Gedankengang erweist sich häufig als folgenschwerer Irrtum, denn gerade bei einem Welpen können Fehler im Umgang gravierende Probleme schaffen und so erzieht sich mancher genau den Problemhund, den er nie haben wollte.
In gewisser Weise werden Welpen nicht ernst genommen. Man betrachtet ihr Verhalten als drollig, wenn sie zum Beispiel einem Vogel hinterher laufen, man betrachtet es als normal, wenn der Kleine macht was er will, schließlich ist er ja noch so jung. Man traut dem kleinen Knirps einfach nicht zu, daß er bereits im Alter von etwa 8 Wochen, wenn er in der Regel zu seinen Besitzern kommt, etwas lernen kann. Aber er lernt. Und wie. Er befindet sich in einer Phase, in der er ausgesprochen schnell - und vor allem ziemlich nachhaltig - lernt!
Stellen Sie sich Ihren 8 Wochen alten Welpen einmal als unfertiges Grundgerüst für ein Mosaik vor. Das Grundgerüst ist sein Charakter, seine angeborene Anlage und erste Erfahrungen beim Züchter. Alles, was der Welpe jetzt weiterhin lernt, ist jeweils ein Steinchen im Mosaik. Sie als Mensch und Besitzer sind mit entscheidend, ob sich am Ende ein harmonisches, in sich passendes Bild ergibt oder einfach nur Chaos.
Der Welpe lernt, ununterbrochen, ob Sie nun eingreifen oder nicht. Er lernt, weil er Erfahrungen macht, weil er auf die ihm eigene Weise mit diesen Erfahrungen umgeht, weil er auf seine Weise darauf reagiert.
Wer diese Zeit nicht ernst nimmt und seinen Welpen entweder sehr frei, sprich unkontrolliert, aufzieht, oder aber auch, wer bereits hier Erziehungsfehler macht, setzt nicht passende Steine ins Mosaik.
Wer diese Zeit nicht ernst nimmt und seinem Welpen nicht die Möglichkeit gibt, seine Umwelt wirklich kennenzulernen, hat für manche Stellen im Mosaik gar keine Steinchen, es bleiben Lücken, die zum Teil nie wieder zu füllen sind.
Für beide Fälle gilt: Zurück bleibt ein unvollständiges Bild oder vielmehr: Zurück bleibt ein Hund, dem von Anfang an die Chance verwehrt wurde, sich in seiner vollständigen Persönlichkeit zu entwickeln und sich in seine Umwelt zu integrieren.
Wenn Sie sich also für einen Welpen entscheiden, entscheiden Sie sich damit auch für ein sehr empfängliches, aber ebenso verletzliches Lebewesen.
Natürlich gibt es auch beim Hund als sich ständig entwickelndes Lebewesen nicht den absoluten Schlußstrich, kein Mosaik ist für immer und ewig. Nicht jeder Fehler ist vernichtend. Aber wenn Sie sich für einen Welpen entschieden haben, dann nehmen Sie die Chance wahr, daß Sie quasi aus einer Vielzahl von einzelnen Steinchen wählen können, daß Sie in vielen Teilen mitbestimmend sind, wie sich Ihr Hund später verhält und verhalten kann.
Doch woher stammen die Steinchen für das Mosaik? Sie kommen nicht vom Wunschdenken, nicht von idealisierten Träumen. Man kann sich nicht beliebig seinen Traumhund zusammenbasteln, der allen Ansprüchen genügt.
Das, was Sie von Ihrem Hund erwarten, müssen Sie ihm erst in liebevoller Kleinarbeit beibringen. Seien es nun die Grundlektionen wie Sitz oder Hier, aber auch das Mitfahren im Auto, in öffentlichen Verkehrsmitteln, oder das Alleine bleiben. Sie müssen ihm beibringen, Menschen zu akzeptieren, sie nicht zu belästigen oder zu gefährden, egal ob sie laufen, radfahren, rollschuhfahren, schreien, egal ob es Kleinkinder im Kinderwagen oder tobende ältere Kinder sind. Sie müssen ihm Ihre Welt zeigen, geduldig und Schritt für Schritt. Sie müssen sich dabei Ihrem Welpen anpassen, seine Reaktionen auf die Umwelt erfassen und manchmal dementsprechend eingreifen. Es wird nicht "von allein" laufen, kindliche Problemchen werden sich nicht auswachsen, sondern zu Problemen werden, erwachsene Hunde werden nicht einfach vernünftig, sondern sie sind das Ergebnis ihrer Kindheit.
Ein Welpe ist wirkliche Arbeit. Und manchmal um vieles anstrengender als ein erwachsener Hund aus dem Tierheim!
Sie dürfen den Welpen nicht alleine lassen, nicht einmal für die halbe Stunde, wenn Sie einkaufen gehen. Bereits diese halbe Stunde kann für den Welpen unter Umständen ein so großes Trauma sein, daß er nie wieder wirklich alleine bleiben kann, ohne die Wohnung zu ruinieren oder die gesamte Nachbarschaft mit seinem Gebelle zu nerven.
Sie müssen ihrem Welpen unendlich viel Zeit schenken und ebenso viel Geduld. Sie müssen damit rechnen, daß er Ihnen geliebte Gegenstände kaputtmacht, daß er sein Häufchen auf den teuren Perserteppich setzt. Sie können ihn nicht auf stundenlange Bergtouren mitnehmen, und ständige Ausflüge an wechselnde Orte sollten Sie auch unterlassen. Wenn Sie ihn an Ihren Arbeitsplatz mitnehmen können, wird er nicht stundenlang ruhig liegenbleiben.

Doch ich denke, wer bereit ist, sich auf das Kindsein seines Hundes einzulassen, wer seinen Welpen ernstnimmt, der hat die Gelegenheit, eine wunderschöne Zeit zu erleben. Sie haben einen kostbaren Schatz in Ihren Händen, nämlich im Idealfall ein noch unzerstörtes Lebewesen, voller Optimismus und Tatendrang, neugierig und ohne schlechte Erfahrungen, das nur darauf wartet, mit Ihnen die Welt zu entdecken.
Beginnen Sie also von Anfang an mit einer liebevollen Erziehung, in kleinen Schritten. Nehmen Sie mit Ihrem Welpen eventuell an einem guten Welpenkurs teil. Lassen Sie diese kostbare und einmalige Zeit nicht verstreichen. Ihr Hund ist nur für eine kurze Zeit jung und süß. Aber er ist für viele Jahre erwachsen und dann nicht mehr unbedingt süß.


Erwachsene Hunde

Heimatlos gewordene Vierbeiner warten in den Tierheimen auf ein neues Zuhause. Nicht jeder zukünftige Hundebesitzer besitzt den Mut, sich mit einem bereits geprägten Hund auseinanderzusetzen. Und sicher ist es für den Hundeneuling vielleicht ein seltsames Gefühl, gleich einem erwachsenen Schäferhund gegenüberzustehen, anstatt dem kleinen, harmlosen Welpen.
Abstand nehmen sollte jeder Hundeneuling von wirklichen Problemhunden, also zum Beispiel von dominant-aggressiven Vierbeinern, aber auch von sogenannten Angstbeißern, da besonders bei ihnen menschliches Denkmuster und Mitleid fatale Folgen haben kann.
Auch ehemalige Streuner, die zum Beispiel aus südlichen Ländern mitgebracht wurden, sind nicht immer einfach. Sie lassen sich teilweise nur schwer in die übliche Hundehaltung pressen. Ich kannte einen Hund, der immer wieder versuchte, aus dem Fenster im 2. Stock zu springen, andere behalten ihre Neigung zum Streunen bei. Südliche Streunerhunde leben zwar in der Nähe der Menschen und erbetteln sich mehr oder wenig erfolgreich Nahrung, sie sind dennoch nicht immer in dem Sinne auf Menschen geprägt. Das muß man sich vorher bewußt machen. Mitleid allein ist ein schlechter Ratgeber.
Manche Hunde werden auch aus katastrophalen Zuständen befreit, sie sind häufig ausgesprochen ängstlich und nicht umwelterfahren, wenn sie zum Beispiel ihr bisheriges Leben in einer Scheune oder einem Verschlag verbringen mußten.
Andere Hunde im Tierheim sind ganz normal, sie haben keine schlechte Vergangenheit, sie haben kein Problemverhalten und sind für jeden Hundebesitzer geeignet. Selbst wenn es sich bereits um einen Senior oder eine Seniorin handelt - es ist kein Problem. Es gibt praktisch keinen Hund, der sich nicht auch im hohen Alter noch umstellen könnte. Im Gegenteil, es kann auch für Sie die Gelegenheit sein, von einem erfahrenen Vierbeiner viel zu lernen.
Einen erwachsenen Hund muß man mit seiner Persönlichkeit und seinem Charakter akzeptieren können. Sie werden weder sich noch dem Hund einen Gefallen erweisen, wenn Sie versuchen wollen, ihn von grund auf zu verändern. Wenn Sie sich für einen Hund entschieden haben, der von seinem Wesen nicht zu Ihnen paßt, werden Sie ihn auch nicht so umerziehen können, daß er zu Ihnen paßt. Ein hektischer Hund wird nicht ruhig, nur weil Sie ihn gerne so hätten. Ein Hund, der nicht alleine bleiben kann, wird es auch bei Ihnen nicht sofort können, nur weil Sie Ihn gerettet haben.
Ich erwähne es deshalb, da viele Menschen, die ein großes Herz haben und auch Tierheimhunden eine Chance geben wollen, oftmals in der Illusion leben, daß Liebe allein genügt und sich alles zum Guten wendet. Häufig wendet es sich aber nicht zum Guten, der Besitzer ist permanent mit seinem Schützling überfordert. Die Entscheidung für einen Tierheimhund soll aber kein Trauma werden. Und deshalb ist es wichtig, daß Sie einen tiefen und ehrlichen Blick in sich selbst werfen. Reden Sie sich zum Beispiel nicht ein, daß für Sie die Bissigkeit des Hundes kein Problem wäre, nur weil Sie sich in ihn verliebt haben. Prüfen Sie gewissenhaft: Haben Sie das Wissen und die Ruhe, auch in eskalierenden Situationen die Nerven zu bewahren und richtig zu handeln? Wenn Sie bereits kurz zweifeln, dann nehmen Sie keinen Hund, von dem bekannt ist, daß er zum Beispiel bissig reagiert.
Denn Selbstüberschätzung hat bereits vielen Hundebesitzern schlaflose Nächte bereitet und so manchem ursprünglich gerettetem Hund leider wieder ein Leben hinter Gitter.

 

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